Die Bürgermeister Dr. Reiner Austermann (Lemgo) und Klaus Geise (Blomberg).

Das Land Nordrhein-Westfalen richtete 1985 ein Sonderförderprogramm zur Erhaltung und Erneuerung von historischen Stadtkernen ein. Anlass war die Erkenntnis, dass gerade in einem durch die industriellen Verdichtungsräume geprägten Land der Erhalt gewachsener Stadtkerne einen besonderen Stellenwert hat. Die Fördermittel sollten dazu dienen, den Grundriss und die Bausubstanzen in den historischen Stadtkernen umfassend zu schützen, zu pflegen und behutsam zu erneuern. Damals wurden zunächst 24 geeignete Städte in das Förderprogramm aufgenommen, deren historischer Grundriss und deren Stadtbild nicht durch Kriegszerstörungen und Stadtumbau in der Nachkriegszeit überformt worden sind. Diese Städte verpflichteten sich, bei allen Planungen besondere Rücksicht auf das baukulturelle Erbe zu nehmen.

 

Trotz der ausgeprägten Besonderheiten jedes einzelnen historischen Kerns, sind viele gemeinsame Probleme zu lösen. Im Interesse eines kontinuierlichen Erfahrungsaustausches gründeten die am Programm beteiligten Städte 1987 die Arbeitsgemeinschaft Historische Stadtkerne in Nordrhein-Westfalen. Mittlerweile sind insgesamt 56 historischen Stadt- und Ortskerne zusammengeschlossen. Der Erfahrungsaustausch der Experten im Netzwerk soll die Bewältigung der vielfältigen Aufgaben ermöglichen, die mit den besonderen Anforderungen an den Erhalt des kulturellen Erbes aber auch dessen behutsamer und zukunftsorientierten Weiterentwicklung verbunden sind.

 

Die Arbeitsgemeinschaft Historische Stadt- und Ortskerne in NRW ist in sechs Regionalgruppen aufgeteilt, deren stärkste die Regionalgruppe Ostwestfalen-Lippe mit 11 Mitgliedsstädten und Nieheim, mit seinem schönen historischen Ortskern, ist. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage der Arbeitsgemeinschaft Historische Stadt- und Ortskerne NRW unter www.hso-nrw.de

 

Zur Sitzung in Blomberg:  In der Regionalgruppensitzung sind neben Vertretern der Mitgliedsstädte regelmäßig Verantwortliche aus der Bezirksregierung Detmold, dem Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr NRW sowie dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) vertreten. Schwerpunkt der Sitzung am vergangenen Freitag war u.a. folgendes Thema:

 

Die Umnutzung von leerstehenden Ladenlokalen zu Wohnzwecken. Dazu hat Herr Junker, Planungsbüro Junkler und Kruse, Dortmund vorgetragen und Beispiele vorgestellt. Im Anschluss wurde die Übertragbarkeit für die Mitgliedskommunen der Regionalgruppe OWL diskutiert. Hintergrund dieses Fachthemas ist, kreative Lösungen zu finden, um Ladenlokalen, die gewerblich nicht mehr genutzt werden, eine neue Nutzung zu geben. Wohnen bietet sich – gerade in Erdgeschossen – an. Jedoch ist ebenfalls wichtig attraktive Einkaufsstraßen zu erhalten. Lösungen für dieses Spannungsfeld zu finden und auch Anregungen für die Aktivierung von Eigentümern auszutauschen, war Kernthema der Sitzung.

 

Am vergangenen Freitag stellte die Regionalgruppe Ostwestfalen-Lippe der Arbeitsgemeinschaft „Historische Stadtkerne“ unter dem Vorsitz des Lemgoer Bürgermeisters Dr. Rainer Austermann also die Arbeit und die daraus resultierenden Ergebnisse der Gruppe vor. Austermann sprach davon, dass OWL in dieser Angelegenheit die Visitenkarte Nordrhein-Westfalens sei und der Erfahrungsaustausch unter den 12 Gruppenmitgliedern wichtig sei und man viel voneinander lernen könne. Auch bei der Landesregierung in Düsseldorf habe man den Stellenwert eines Problemlösers. Der Denkmalschutz stelle eine besondere Herausforderung dar, ebenso die Straßenführungen in den historischen Altstädten.

 

„Outlet-Stores und das Internet (Online-Shops) führen zu einer Veränderung des Handels, das geht an uns nicht vorbei und wir müssen uns überlegen, wie wir mit leerstehenden Objekten aus ehemaligem Einzelhandel umgehen. Häufig ist es noch möglich Dienstleister hineinzubekommen, aber auch das wird flächendeckend nicht funktionieren. Also bleibt letztlich die Nutzung in der Form, wie es sie früher gegeben hat, als Privatwohnung. Das umzusetzen ist für die öffentliche Hand allein nicht machbar. In Blomberg ist die Welt noch in Ordnung, auch Dank der guten und sehr vernünftigen Politik, die hier betrieben wird. Rund ums Rathaus herrscht Leben.

 

In den 1b-Lagen ist das nicht mehr so, wie aber eben in allen anderen Kommunen auch. Die wesentliche Botschaft der heutigen Sitzung ist, dass wir dringend Beratungskapazität benötigen und die damit verbundene Bitte an die Landesregierung, Derartiges zukünftig zu fördern. Bislang werden nur Steine (Bauprojekte) gefördert. Das ist eine grundsätzliche Aufgabe für die Zukunft“, so Austermann im Pressegespräch, der klar verdeutlichte, wie schön die Blomberger Stadt ist. „Als Einheimischer sieht man das vermutlich gar nicht mehr.“

 

Bürgermeister Klaus Geise pflichtete bei: „Diese Botschaft kann ich nur unterstreichen. Personal wurde in der Verwaltung abgebaut, ein eigenständiger Aufbau funktioniert nur durch Förderungen. Die Städtebauförderung ist extrem wichtig. Was wir in Blomberg sehen ist, dass es ohne Landesmittel nicht möglich ist die Innenstädte attraktiv und lebendig zu halten. Es ist eine lohneswerte Investition, für die wir uns immer wieder einsetzen. Das ausschließlich positive Feedback, welches ich beim eben getätigten Stadtrundgang mit allen Mitgliedern der Arbeitsgruppe bekommen habe, den unverbauten Blick von außen, habe ich sehr gerne entgegen genommen, dass hört ein Bürgermeister natürlich gern´. Was hier über die letzten Jahre passiert ist sind wesentliche Punkte für eine Weiterentwicklung“, und spielte auf die durch IKEK realisierten Maßnahmen an. „In einem historischen Altstadtkern alles unter einen Hut zu bringen ist nicht einfach. Es war heute ein konstruktiver und positiver Termin. Wir müssen uns weiterhin gegenseitig stärken und beraten – es ist ein Marathon.“, so Geise weiter.

 

Dr. Reiner Austermann: „Wir alle sehnen uns nach Heimat, sich in direktem Umfeld wohlfühlen zu können und das Umfeld wertschätzen zu können. Es ist nicht überall möglich wieder Einzelhandels-Geschäfte in die Leerstände zu bekommen. Die Tante-Emma-Läden haben wir verloren, weil wir in Supermärkten eingekauft haben. Auch die Eckkneipen gibt es nicht mehr aus bösem Willen, sondern weil sich die Trinkkultur geändert hat. Statt Feierabendbier gibt es heute den Satz „Ich muss weg“ zu hören. Die Mobilität der Bevölkerung sorgt dafür, dass die großen Einkaufszentren als Event angesteuert werden. Den Handel der 50er bis 70er-Jahre bekommen wir nicht zurück, das werden wir nicht schaffen und brauchen es auch nicht zu versuchen. Das was wir tun können müssen wir vor Ort leisten, Blomberg ist da schon sehr erfolgreich. Unsere zentrale Aufgabe ist es, mit den Eigentümern ins Gespräch zu kommen, dass können wir nicht über Gesetze regeln. Nicht für jedes Gebäude rechnet sich ein Umbau, manchmal steht das emotionale Interesse aber auch über dem ökonomischen Interesse.

 

Bürgermeister Klaus Geise: „Was uns alle eint ist, dass wir mittelständisch sind und die Lage vor Ort kennen. In Großstädten geht so etwas unter. Eine Patentlösung gibt es jedoch nicht, da sind wir uns alle einig.“