Revierförster Günter Harmel zeigt auf die charakteristische Brettwurzel, an der auch der Laie die Flatterulme erkennen kann. Foto: Landesverband Lippe.

Mit der Flatterulme ist ein echte Rarität Baum des Jahres 2019 geworden. Der Landes-verband Lippe freut, sich einige Exemplare in seinen Wäldern zu beheimaten. Günter Harmel, Leiter des Forstre-viers Belle, weiß, wo man sie findet. Vom Forsthaus Belle sind es nur wenige Schritte über eine Wiese und in den Wald. An einem Wassergraben sieht man schon aus der Ferne die charakteristischen Brettwurzeln der sechs Flatterulmen. Die Bäume bezeichnet man auch als Gleybodenanzeiger, das heißt, dass sie bevorzugt auf stauwasserbeeinflusstem Untergrund wachsen.

 

Wer sich den Baum des Jahres aus der Nähe anschauen will, ist mit Gummistiefeln gut beraten. Dem Baum selbst macht der feuchte Boden nichts aus, die paddelförmigen Wurzeln verleihen ihm eine große Stabilität. Günter Harmel hat die Bäume mit einem aufgesprühten Z als „Zukunftsbäume“ markiert, die nicht geerntet und bei Forstarbeiten besonders geschont werden. Ob die Flatterulme ein Zukunftsbaum im Wortsinne sein wird, ist allerdings fraglich. Einerseits haben Flussbegradigungen den feuchten Auenboden, den der Baum liebt, selten gemacht.

 

Andererseits ist das holzwirtschaftliche Interesse am Rüster, wie das Holz der Ulme genannt wird, eher gering und macht den Anbau des Laubbaums unattraktiv. „Insofern ist es gut, der Landesverband Lippe in seinen Wäldern nicht bloß wirtschaftliche, sondern auch ökologische Faktoren berücksichtigt“ so Günter Harmel, der mit dem Gedanken spielt, sogar noch weitere Flatterulmen zu setzen. Der Leiter der Forstabteilung des Landesverbandes Lippe Hans-Ulrich Braun ergänzt: „Der Landesverband Lippe hat natürlich nicht bis zur Wahl zum Baum des Jahres gewartet, Flatterulmen aktiv zu fördern.

 

Bereits 2014 haben wir in der sogenannten Hartholzaue an der Weser Flatterulmen als reine Naturschutzmaßnahme gepflanzt. Die in der Gemeinde Kalletal gelegene Pflanzung entwickelt sich prächtig und bereichert die Auenlandschaft.“ Hat sie einen guten Standort, beweist sich die Ulmenart als resistente Zeitgenossin: Anders als Feldulme und Bergulme, zieht sie nicht den Ulmensplintkäfer an. Dieser transportiert die Sporen einer schädlichen Pilzkrankheit, die wesentlich für das große Ulmensterben verantwortlich ist.

 

Warum der Käfer die Flatterulme nicht befällt, kann der Günter Harmel nicht sagen, auch die Forschung weiß bislang keine Antwort. Im Beller Wald zumindest finden sich kerngesunde Exemplare, manche wurden offensichtlich gepflanzt, andere scheinen sich auf natürlichem Wege vermehrt zu haben. Bis zu 250 Jahre wird der Auenbewohner alt. Wo die Flatterulme zu finden ist, da steht sie meist in Gesellschaft von Stieleiche, Esche oder Bergahorn. Gut zu erkennen ist sie an ihren Brettwurzeln, deren flächige Erhebung man eher im Urwald vermuten würde.

 

Charakteristisch ist auch der asymmetrische Wuchs der Blätter. Die Rinde ist bei ausgewachsenen Exemplaren gräulich und längsrissig gefurcht. Das Holz ist zäh und diente früher zur Werkzeugherstellung, beispielsweise für Stiele. Heute hingegen ist Rüster eher ein Nischenprodukt.

 

Hintergrund:
Forstabteilung:
Die Forstabteilung des Landesverbandes Lippe bewirtschaftet rund 15.700 Hektar Wald naturnah und nachhaltig. Sie pflegt die für Lippe typischen Buchenwälder und wandelt Monokulturen in widerstandsfähigere Mischwälder um. Die Forstabteilung ist zudem für Erhalt und Pflege zahlreicher Naturschutzgebiete und Naturdenkmäler verantwortlich. Sie unterhält ein umfangreiches Wegenetz für Wanderer und Erholungsuchende. Das von ihr geschlagene Holz vermarktet die Forstabteilung lokal bzw. regional. Das spart lange Transportwege, schont die Umwelt und trägt zum Erhalt von Arbeitsplätzen in der Region bei.

 

Über die Forsten hinaus zählen zu den bedeutenden Einrichtungen und Vermögenswerten des Landesverbandes Lippe: das Hermannsdenkmal mit der Waldbühne, die Externsteine, das Lippische Landesmuseum Detmold, die Lippische Landesbibliothek Detmold, das Weserrenaissance-Museum Schloss Brake, die Lippische Kulturagentur, die Burg Sternberg, Denkmäler, Immobilien und Domänen sowie rund 3.300 Hektar landwirtschaftliche Flächen.

 

Baum des Jahres:
Der Baum des Jahres wird seit 1987 von der Silvius-Wordaz-Stiftung benannt, um den Wert der Bäume herauszustellen. Dabei werden gleichermaßen bekannte wie auch seltenere Bäume gewählt. Die Devise hat die Stiftung von ihrem Namensgeber, dem Forstwirtschaftslehrer Silvius Wordaz übernommen: „Man muss Bäume nicht neu erfinden, man muss sie nur neu entdecken.“