ÄrztekammerUm die Patientenversorgung in der Allgemeinmedizin zu stärken, setzen die Ärztekammer und der Hausärzteverband Westfalen-Lippe auf Information, Beratung und Qualifizierung des Berufsnachwuchses. Anlässlich des 12. Westfälisch-Lippischen Hausärztetages in Münster präsentieren Berufsverband und Kammer ein ganzes Maßnahmenbündel, um dem immer größer werdenden Bedarf an Hausärztinnen und Hausärzten zu begegnen – erste Erfolge sind sichtbar.

 

„Der Hausarzt-Nachwuchs ist im Aufwind“, stellt Ärztekammer-Präsident Dr. Theodor Windhorst fest. Seit 2013 sei die Zahl der jährlichen Anerkennungen in der Allgemeinmedizin gestiegen. Nach einem Tief von nur 87 Anerkennungen im Jahr 2013 ging es seither kontinuierlich bergauf, 2018 waren es 127 Anerkennungen und damit 46 Prozent mehr. Auch die Zahl der Anerkennungen in der Facharztkompetenz (Allgemeine) Innere Medizin sei im Anstieg – diese Ärztinnen und Ärzte können sich als „hausärztliche Internisten“ in der hausärztlichen Versorgung niederlassen.

 

Erfahrungsgemäß mache das etwa jeder Fünfte. Diese Zahl stieg von 122 im Jahre 2013 ebenfalls kontinuierlich auf 186 und damit sogar um 52 Prozent an. Die Ärztekammer berät seit 2009 junge Ärztinnen und Ärzte mit Interesse an einer hausärztlichen Tätigkeit unter anderem in ihrer Koordinierungsstelle Aus- und Weiterbildung. Überdies unterstützt die Kammer 32 Weiterbildungsverbünde in Westfalen-Lippe, in denen Kliniken und niedergelassene Ärzte die Qualifizierung des Berufsnachwuchses gemeinsam organisierten.

 

Das Fach Allgemeinmedizin werde nicht nur immer bedeutsamer, sondern auch immer beliebter, beobachtet der Hausärzteverband. Die letzten Umfragen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zeigten, dass schon während des Medizinstudiums das Interesse an Allgemeinmedizin zunehme. Seien es zu Beginn des Studiums nur 32,7 Prozent der Studierenden, die sich für das Fach Allgemeinmedizin interessierten, seien es am Ende des Studiums sogar 39,6 Prozent.

 

„Wir als Hausärzteverband engagieren uns stark im Bereich der Nachwuchsgewinnung“, sagt Anke Richter-Scheer, 1. Vorsitzende des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe. „Neben regelmäßigen Informations- und Diskussionsveranstaltungen für den medizinischen Nachwuchs, wie der Nachwuchsinitiative Allgemeinmedizin ,Zukunft Praxis‘ zum Auftakt des Westfälisch-Lippischen Hausärztetages, bieten wir mit dem, Werkzeugkasten Niederlassung‘ eine Seminarreihe speziell für frisch Niedergelassene und Hausärzte von morgen an.“

 

Zudem gebe es Stammtische für Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung, ein Nachwuchs-Online-Forum und ein Mentorenprogramm, bei dem Studierende von Beginn an Ansprechpartner aus der Praxis an ihrer Seite haben. Der Hausärzteverband Westfalen-Lippe zeigt außerdem regelmäßig Präsenz an den Universitäten der Region, unterstützt das Kompetenzzentrum Weiterbildung Allgemeinmedizin Westfalen-Lippe und steht in Kontakt mit vielen Kommunen, um Unterstützung bei der Nachwuchssuche anzubieten.

 

In dem Bestreben, mehr hausärztlichen Nachwuchs auszubilden und zu gewinnen, sei der Masterplan Medizinstudium 2020 ein wichtiger Schritt. „Wir befürworten den Masterplan, dessen Empfehlung im Dezember 2018 veröffentlicht wurde“, sagt Richter-Scheer. „In der Stärkung der Allgemeinmedizin wünschten wir uns allerdings in dieser Veröffentlichung noch mehr Beachtung.“

 

Bis die Maßnahmen des Masterplans jedoch Wirkung zeigen, werden noch mehrere Jahre vergehen. Um die aktuell in der hausärztlichen Versorgung bedrohten Gebiete schon vorher mit Hausärzten besetzen zu können, wurde daher auf Veranlassung des NRW-Gesundheitsministeriums unter Karl-Josef Laumann zusammen mit Ärztekammern, Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen ein Konsensuspapier zum Quereinstieg Allgemeinmedizin für klar definierte unterversorgte Regionen verabschiedet.

 

Hiermit soll praxisnahen Fachärzten, etwa Allgemeininternisten, der Weg in die hausärztliche Praxis erleichtert werden – durch finanzielle Förderung und die Möglichkeit, die Weiterbildungszeit unter bestimmten Voraussetzungen zu verkürzen. Diese Vereinbarung gilt nur für eine begrenzte Zeit. Neben diesen gezielten Fördermaßnahmen ist ein Quereinstieg in die Allgemeinmedizin gerade für praxisnahe Fächer natürlich auch unabhängig von diesem Konsensuspapier möglich.

 

„Ärztliche Weiterbildung verläuft nicht immer geradlinig“, erläutert Ärztekammer-Präsident Dr. Windhorst das Interesse an der Allgemeinmedizin auch bei Ärzten, die bereits in anderen Gebieten tätig seien. Wichtig sei, dass es auch beim Quereinstieg keine Abstriche an der erforderlichen Qualifikation gebe: 29 Ärztinnen und Ärzte hätten allein im Jahr 2018 auf diesem Wege ihre Anerkennung als Facharzt für Allgemeinmedizin erworben.

 

„Der Quereinstieg in die Allgemeinmedizin darf dabei nicht mit der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin verwechselt werden: Die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin setzt 24 Monate Weiterbildung in einer Hausarztpraxis mit Weiterbildungsermächtigung voraus“, betont Anke Richter-Scheer. Der Quereinstieg in die Allgemeinmedizin ist nur dann möglich, wenn der Antragsteller die von der Ärztekammer geforderten Voraussetzungen nachweisen kann.

 

Erst dann kann er sich zur Prüfung für das Fach Allgemeinmedizin anmelden. „Bei dieser Prüfung müssen dann alle Inhalte der Weiterbildung Allgemeinmedizin nachgewiesen werden“, betont Dr. Norbert Hartmann, Facharzt für Allgemeinmedizin und Innere Medizin. „Diese Voraussetzungen zum Quereinstieg sind für uns als Verband ein wichtiges Kriterium, um den Kompetenzerhalt der Allgemeinmedizin zu erhalten und zu stärken“, sagt Anke Richter-Scheer.